
Vom Mitarbeitergespräch zu People Growth
Die Idee des Mitarbeitergesprächs beruht auf der Überzeugung, dass die Aufgaben des Unternehmens nur partnerschaftlich und mit beidseitiger Wertschätzung zu lösen sind. Bei Boehringer Ingelheim hat das Mitarbeitergespräch eine Entwicklungsgeschichte von deutlich über 30 Jahren. Heute ist es ein wichtiger Eckpfeiler des People-Growth-Konzepts und beschreibt einen regelmäßig stattfindenden Dialog zwischen einem Mitarbeiter und seinem direkten Vorgesetzten. Es schafft die Basis für eine offene Feedback-Kultur und dient zur dynamischen Ausrichtung von Einzel- und von Teambedürfnissen. Ein gemeinsam mit Maria Castresana verfasster Artikel.
Bei Boehringer Ingelheim hat das Mitarbeitergespräch (MAG) eine Entwicklungsgeschichte von deutlich über 30 Jahren. Damals wie heute sind hierbei die Zielvereinbarung, gemeinsame Ausrichtung und Beurteilung, Qualität der Zusammenarbeit und Personalentwicklungsmaßnahmen zentrale Themen. Als größte potenzielle Schwierigkeit auf Seiten der Vorgesetzten vermutete man hierbei zu Beginn, kritische Aspekte der Zusammenarbeit überhaupt thematisieren zu können beziehungsweise zu wollen, Emotionen angemessen artikulieren beziehungsweise aufnehmen zu können sowie konstruktiv mit Feedback umzugehen. In der Tat war zuhören anstatt selbst zu reden und sofort zu reagieren eine wichtige Lernerfahrung für zahlreiche Vorgesetzte. Ein Kernsatz lautete: Das Mitarbeitergespräch heißt so, weil in ihm der Mitarbeiter den größten Redeanteil haben sollte!
Im Jahre 2009 folgte Boehringer Ingelheim schließlich den Überlegungen, einen globalen, einheitlichen Talentmanagement-Prozess verbindlich einzuführen. Zentraler Baustein dieses für alle damals bereits über 40.000 Mitarbeiter im Unternehmensverband umzusetzenden Konzeptes blieb das Mitarbeitergespräch. In ihm wurden nun (vielleicht ausführlicher als bis dahin) Entwicklungswünsche des Mitarbeiters und Entwicklungsperspektiven aus Sicht des Unternehmens miteinander verzahnt, auch wurde dem Thema „Potenzial für weiterführende Aufgaben“ besondere Bedeutung geschenkt, und es wurden verschiedene Potenzialkategorien eingeführt. Das Gespräch über Leistung, Entwicklung und zukünftige Anforderungen sowie Entwicklungsperspektiven wurde damit gestärkt. So konnte wieder eine größere Balance im Vergleich zur oftmals zeitlich überwiegenden Diskussion rund um Ziele und Zielerreichungsprozentsätze hergestellt werden.
Vereinfachung, Wirksamkeit und Fokussierung
Gegen Ende des Jahres 2016 stellte sich im Unternehmen erneut die Frage, wie sich das Talent- und Performance-Management weiterentwickeln könnte. Es gab dabei zahlreiche Fragestellungen, die eine Grundlage für die Neuausrichtung bildeten:
- Passen Jahresziel-Vereinbarungen noch in ein agiles Unternehmen in einer immer volatiler werden Welt?
- Wie häufig müssen wir Zielvereinbarungen gegebenenfalls unterjährig anpassen?
- Sind an Jahresziele geknüpfte individuelle Boni noch so motivierend wie bei der Einführung vor rund zwei Jahrzehnten?
- Wie können eine regelmäßige, vorwärts gerichtete Diskussion und ein Feedback zur Leistung aussehen, die von der Organisation nicht als zunehmende Bürokratie, sondern als Unterstützung der betrieblichen Prozesse erlebt werden?
- Welche Gültigkeit haben definierte Karrierepfade, wenn sich Organisationsstrukturen und geforderte Kompetenzprofile immer schneller verändern?
In relativ kurzer Zeit wurden neue Modelle des Performance- und Talentmanagements erarbeitet. Mit „Your Growth. Our Growth“ wurde ein neuer Oberbegriff dafür geschaffen, der weltweit genutzt wird. Ein Umfeld für individuelles und unternehmerisches Wachstum schaffen - das ist die Bedeutung, die wir „People Growth“ geben. Dabei macht sich unsere Fokussierung auf „People Growth“ an drei Punkten besonders fest:
- Regelmäßiger Dialog zwischen Führungskräften, Mitarbeitern und Teams;
- Betonung von Accountability − Agility − Intrapreneurship (AAI): nicht nur „Was“, sondern auch „Wie“;
- Kontinuierliche, selbstgesteuerte und AAI-fokussierte Entwicklung durch die Lernlandschaft „Learn“.
Eine der zentralen Änderungen bei den Inhalten des Mitarbeitergespräches ist der Wegfall der individuellen Zielvereinbarungen (und der damit verknüpften individuellen, variablen Vergütung). Statt über Zielvereinbarungen wird nun über „Erwartungen an die Rolle“ gesprochen, um einer ausführlichen Diskussion über zunehmend volatilere interne und externe Rahmbedingungen und deren Auswirkungen auf den Mitarbeiter Rechnung zu tragen. Auch werden die Notwendigkeiten für ein agiles Teamwork und die Rolle des einzelnen Mitarbeiters darin besprochen. Unter dem Stichwort: „Feedback meets Feedforward“ wurden hierbei die Schwerpunkte des MAG neu definiert: Entwicklung, Priorisierung und Evaluation.
Das Mitarbeitergespräch: Feedback meets Feedforward
Heute schafft das MAG die Möglichkeit, das Gespräch auf die Weiterentwicklung, auf die Förderung effektiver Verhaltensweisen und die notwendigen Fähigkeiten für die Zukunft zu fokussieren:
- Analyse der Stärken und Herausforderungen;
- Definition von Entwicklungsmaßnahmen bezüglich Prioritäten und Ambitionen;
- Fokussieren auf Wachstumsfelder;
- Unternehmerische Umsetzung von Entwicklungsmaßnahmen.
Es dient auch der Fokussierung auf die inhaltlichen Schwerpunkte für das kommende Jahr. Diese sind:
- Definition von Prioritäten in der Rolle;
- Analyse von AAI-Verhaltensweisen;
- Beweglichkeit bei den Prioritäten.
Heutzutage besteht ein ständiger Bedarf an stetiger Neugestaltung und Neuausrichtung, um flexibler und beweglicher zu arbeiten. Im Rahmen des MAG geht der Manager auf die Unternehmensziele und Abteilungsziele ein, sodass gemeinsam Prioritäten erörtert werden, die sich daraus für die einzelnen Mitarbeiter ergeben: Mit einer guten Balance zwischen dem „Was“ und dem „Wie“.
Zusammengefasst
Boehringer Ingelheim ist bestrebt, seinen Mitarbeitern ein vollständiges Feedback darüber zu geben, wo sie stehen, welche Auswirkungen ihre Arbeit auf das Team hat und welchen Beitrag sie zum Erfolg unseres Unternehmens leisten. In dem offenen und konstruktiven Meinungsaustausch, der das gegenseitige Vertrauen fördert, werden die Arbeit des vergangenen Jahres, die Zusammenarbeit im Team und die Verhaltensweisen reflektiert. Im Rahmen der kommenden Mitarbeiterbefragung Ende 2018 wird das Unternehmen weitere Daten erhalten, wie das neue Konzept verstanden, akzeptiert und gelebt wird und so erkennen, wo möglichweise eine Nachjustierung erforderlich ist.
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