
"Spannende Zeiten"
Bradley Kaegi ist ein wahrer Weltenbummler: Der Marketing-Manager aus dem südlichen Illinois in den USA arbeitet bereits seit mehr als 15 Jahren im Marketing und Vertrieb des Haustier-Marktes. Zwar nennt er Atlanta sein Zuhause, doch fühlt er sich auch Europa tief verbunden: seine Frau ist Estländerin und die Familie hat bereits in Frankreich und Deutschland gelebt. Im Dezember 2017 wechselte er erneut den Kontinent und arbeitet nun in Shanghai als Leiter des Haustier-Geschäfts von Boehringer Ingelheim China.
Ein Gastbeitrag.
Herr Kaegi, warum haben Sie die Taschen gepackt und sind nach China gekommen?
Dafür gab es zwei Hauptgründe. Der erste ist das Wachstumspotenzial für Haustierprodukte in China. Ich habe noch nie in einem Schwellenmarkt gearbeitet und ich glaube, dass man dafür komplett andere Fähigkeiten mitbringen muss. In den USA hat jeder Zweite ein Haustier, in China sind es nur fünf Prozent. Mit dem Anwachsen der Mittelschicht gibt es dort allerdings auch immer mehr Haustiere. Ich wollte unbedingt herausfinden, wie man dieses Wachstum verstärken kann, und nun, da ich hier bin, finde ich das nach und nach heraus.
Und was war der zweite Grund?
In China läuft alles digital ab: Man kauft hier dreimal so oft online als in allen anderen Ländern. Und sie nutzen Soziale Medien für den gesamten Alltag, zum Beispiel um zu bezahlen: Restaurants, Supermärkte und noch viel mehr sind mit Apps verknüpft. Man braucht noch nicht mal mehr ein Portmonee oder eine Kreditkarte.
Warum ist das spannend für das Haustier-Geschäft von Boehringer Ingelheim?
Wir arbeiten zurzeit daran, den Kontakt zu unseren Kunden zu optimieren. Hierfür wollen wir unterschiedliche digitale Plattformen wie die Suchmaschine Baidu oder auch WeChat nutzen, eine chinesische Messaging-, Social Media- und Bezahl-App. Wir wollen unsere Angebote auf diesen Plattformen auch besser miteinander verknüpfen, um unseren Service konsistenter und praktischer zu machen. Das ist äußerst komplex, aber wirklich spannend.
Was lernen Sie sonst noch als Expat hier in China?
Es ist toll, mit den Kollegen hier zusammenzuarbeiten, die Diversität und ihre Perspektiven zu erleben. Ich glaube, dass mich das in meiner Entwicklung als Führungskraft weiterbringt.
Seit etwa einem Jahr leben Sie nun mit Ihrer Familie in China. Wie würden Sie diese Erfahrung beschreiben?
Das ist eine der besten Erfahrungen, die wir bisher gesammelt haben. Wirklich jeder sollte mal nach China kommen und das Land kennenlernen. Die vielfältige Landschaft und Kultur ist faszinierend. Wir haben bereits verschiedene chinesische Provinzen bereist und überall gibt es eine eigene Küche, eine eigene Geschichte und Tradition. Und dann gibt es dieses enorme Wachstum – darüber staune ich noch immer jeden Tag.
Haben Sie ein Beispiel dafür?
Vor unserem Haus gab es eine große Straßenbaustelle. In Europa oder den USA hätte es wohl drei Jahre gedauert, bis sie fertig geworden wäre. Hier haben sie angefangen, als wir angekommen sind, und jetzt sind sie schon fertig – nach weniger als einem Jahr. Wahnsinn!
Wie ist hier der Alltag für Sie und Ihre Familie?
Sehr angenehm. Wenn man am Sonntagmorgen mal keine Milch mehr hat, geht man einfach in den nächsten Laden oder bestellt sie direkt online und lässt sie liefern. Wir leben hier wirklich gerne. Meine Frau ist in verschiedenen Organisationen aktiv; wir haben chinesische und internationale Freunde. Und die Schulen hier sind richtig gut. Es ist toll, wenn sich die Eltern nicht über die Ausbildung ihrer Kinder sorgen müssen. Wir haben zwei Töchter, die sind fünf und sieben Jahre alt. Sie lernen zurzeit ihre vierte Sprache und haben an der Schule eine sehr multikulturelle Erfahrung mit Kindern aus Europa, China und anderen asiatischen Ländern. Es war für sie einfach, sich einzufinden, und es gefällt ihnen hier sehr gut.
Hat Boehringer Ingelheim Ihnen dabei geholfen, sich hier einzufinden?
Ja, eine für Standortwechsel zuständige Kollegin hat uns viele Tipps gegeben, wie man hier ein Dach über dem Kopf findet. Außerdem hat sie uns gleich sieben Schulen empfohlen. Alle waren großartig und vielfältig.
Sie leben in Shanghai. Was ist das Besondere an dieser Stadt?
Mehr als 24 Millionen Menschen wohnen hier, aber es ist nicht so chaotisch, wie sich das vielleicht anhört. Alles ist hier extrem gut organisiert. Und es gibt hier alles, was man sich nur vorstellen kann. Das Hauptquartier von Boehringer Ingelheim befindet sich im Jing’an-Distrikt, direkt neben der French Concession. Deshalb erinnern mich manche Gebäude an Lyon oder Paris. Außerdem ist es sehr geschäftig und urban. Im Moment schaue ich aus meinem Bürofenster und sehe auf diese gewaltige Metropole…
Was genau sehen Sie denn von Ihrem Fenster aus?
Ich sehe vom 28. Stock aus auf den Jing’an-Tempel – ein historischer Tempel mit einem goldenen Dach, der von modernen Wolkenkratzern umgeben ist. An Feiertagen im Spätherbst und Winter ist das Dach nachts beleuchtet, das ist wirklich ein toller Anblick.
Wie lange wollen Sie denn noch in Shanghai bleiben?
Der ursprüngliche Plan war drei Jahre hier zu bleiben. Aber ehrlich gesagt ist es zurzeit hier in China wirklich spannend und es gibt so viele Möglichkeiten – da will man eigentlich länger bleiben.
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