Biberach
26 February 2019
Michael Eppelmann

Industrie 4.0 am Standort Biberach

Künstliche Intelligenz, Big Data und Industrie 4.0: Diese Teilaspekte der Digitalisierung revolutionieren zurzeit bei Boehringer Ingelheim die Erforschung und Entwicklung von Arzneimitteln für Mensch und Tier. Wer für diese Themen brennt, querdenkt und gerne mit verschiedenen Abteilungen zusammenarbeitet, ist wie gemacht dafür, an unserem Standort Biberach seinen Beitrag dafür zu leisten. Hierüber habe ich mich mit Dr. Nils Weskamp und Dr. Jan Kriegl aus der Forschung sowie Dr. Bernd Lehle aus der Biopharmazie unterhalten.

Biberach ist der weltweit größte Forschungs- und Entwicklungsstandort von Boehringer Ingelheim. Welche Rolle spielt hierbei die Digitalisierung?

 

Weskamp: Wir haben in unseren Forschungslaboratorien schon seit vielen Jahren konsequent auf Digitalisierung und – wo möglich und sinnvoll – auch auf Automatisierung gesetzt. Die Früchte dieser Investitionen können wir heute ernten. Für unsere Wissenschaftler ist es selbstverständlich, ihre Experimente in elektronischen Laborjournalen zu dokumentieren und ihre Ergebnisse in zentralen Datenbanken zu teilen. Dort stehen sie dann den Kolleginnen und Kollegen der gesamten Forschung – auch an anderen Standorten und in anderen Abteilungen – mit wenigen Klicks zur Verfügung.

Lehle: Auch wir in der Biopharmazie haben schon sehr früh, unter anderem mit dem Bau eines neuen Produktionsgebäudes, begonnen, moderne Betriebsführungs- und Automatisierungskonzepte einzuführen, auch wenn damals noch nicht die Rede von „Digitalisierung“ war. In der Gegenwart und nahen Zukunft gilt es nun, diese Datenlandschaften mit der noch teilweise heterogenen Labordatenwelt und den anderen Standorten zu verbinden, so dass alle Daten zur Verfügung stehen, um mithilfe der nun zur Verfügung stehenden digitalen Methoden neue Wege der Wertschöpfung zu finden.

 

Wie kann man sich den Arbeitsalltag in Ihren Bereichen konkret vorstellen?

 

Weskamp: In vielen Bereichen haben inzwischen vollautomatisierte Laborgeräte und Roboter Einzug gehalten. Es ist erstaunlich, wie viele Experimente solche integrierten Testsysteme in kurzer Zeit durchführen können. Die Zahl produzierter Ergebnisse hat dadurch über viele Jahre hinweg stetig zugenommen. Gleichzeitig werden unsere Kolleginnen und Kollegen in den Labors von Routinetätigkeiten entlastet und können sich auf spannendere Aufgaben konzentrieren.

Kriegl: Das gesamte Feld ist sehr dynamisch. Bestehende Technologien werden weiterentwickelt und ermöglichen einen größeren Durchsatz. Neue experimentelle Technologien halten Einzug, zunächst in ersten Pilotprojekten, dann bei erfolgreichem Einsatz umfassend. Das erfordert eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Laborautomatisierung und digitaler Lösungen zur Erfassung und Auswertung der gewonnen Daten.

Lehle: Neben der Innovation Unit hat auch die Biopharmazie in Biberach im vergangenen Jahr eine durchgängige Digitalstrategie beschlossen. Wichtig ist es dabei, alle Bereiche in die digitalen Veränderungen einzubeziehen und kreative Ideen aus allen Richtungen aufzunehmen und ergebnisoffen auszuprobieren. Es ist dabei erfreulich zu sehen, das von der Werkstatt bis zur Prozessentwicklung eine Menge kreativer Mitarbeiter motiviert an dem Thema mitarbeiten und neue Ideen einbringen. Hier findet man alles, was unter dem Schlagwort „Industry 4.0“ zu finden ist: Augmented und Virtual Reality, das Internet of Things, Big Data, Process Mining und so weiter. Neben den jeweiligen Experten aus den Labors werden Automatisierungs- und Logistik-Spezialisten ebenso benötigt wie IT-Fachleute und Bio- oder Chemo-Informatiker, die bei der Datenanalyse behilflich sind. Die Einblicke in solche Nachbarbereiche sind immer besonders spannend.

 

Welche Rolle spielt in der Digitalisierung der Aspekt der Künstlichen Intelligenz (AI)?

 

Lehle: Methoden der künstlichen Intelligenz haben wir bereits erfolgreich im Bereich der Prozessentwicklung und -optimierung eingesetzt. Diese Methoden sind hier gut geeignet, da die biologischen Prozesse und die erzeugten Moleküle mehrere Größenordnungen komplizierter sind als klassische chemisch-pharmazeutische Herstellmethoden. Durch die Verfügbarkeit großer Mengen von Prozessdaten ist es leicht, dort mit KI-Methoden viel leichter und performanter nach Mustern und Korrelationen zu suchen, als das ein menschlicher Fachmann tun könnte, beziehungsweise viel mehr Optionen und Varianten durchzuprobieren, als das durch Experimente oder klassische Simulation möglich wäre.

Weskamp: Die Zahl der bei uns durchgeführten Experimente nimmt seit Jahren stetig zu. Auch bei wissenschaftlichen Fachartikeln sehen wir ein starkes Wachstum in den Veröffentlichungszahlen.  Das ist einerseits natürlich positiv – wir wissen heute viel mehr als in der Vergangenheit. Gleichzeitig stellt diese Flut an Datenpunkten eine große Herausforderung für uns als Wissenschaftler dar. Es wird einfach immer schwerer, mitzuhalten und nichts zu übersehen. An dieser Stelle erhoffen wir uns durch den Einsatz von Methoden aus der Künstlichen Intelligenz große Hilfe. Die Ergebnisse solcher Analysen können wir zum Beispiel nutzen, um die menschlichen Experten gezielt auf Datenpunkte hinzuweisen, die besonders ungewöhnlich sind.

 

Welche Skills wünschen wir uns für Bewerberinnen und Bewerber in diesem Bereich?

 

Weskamp: Wir suchen aktuell nach Verstärkung für den Bereich der Künstlichen Intelligenz. Dabei interessieren uns insbesondere Bewerberinnen und Bewerber mit einem abgeschlossenen Studium (zum Beispiel Informatik, Mathematik, Physik, Chemie oder Pharmazie), möglichst mit Promotion. Wir wünschen uns einschlägige Erfahrung in diesem Umfeld: Begriffe wie „Random Forest“, „Neural Network“ oder „Naive Bayes“ sollten keine Fremdworte sein, ebenso erwarten wir Erfahrung im Umgang mit Programmiersprachen wie Python, R oder SQL.  Wichtig ist aber auch Interesse an der interdisziplinären Zusammenarbeit, die Bereitschaft, sich in spezielle Anwendungsfälle (zum Beispiel in der Chemo-Informatik) einzuarbeiten und die Fähigkeit, die eingesetzten Methoden so zu erläutern und aufzubereiten, dass sie auch für Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bereichen nutzbar werden.

Kriegl: Neben den genannten Kenntnissen sind auch Expertise im Datenmanagement und Erfahrung im Umgang mit modernen IT-Entwicklungsumgebungen und -methoden gefragt. Ganz besonders wichtig ist vor allem auch die Suche nach kreativen und pragmatischen Lösungen für Problemstellungen, bei denen man nicht auf ausführliche Erfahrungen zurückgreifen kann. Wir betreten ja an vielen Stellen Neuland.

Lehle: Wir von der Biopharmazie suchen aktuell nach Verstärkung für den Bereich Data Science. Wichtig ist uns vor allem das Interesse an der interdisziplinären Zusammenarbeit, die Bereitschaft, sich in spezielle Anwendungsfälle (zum Beispiel in der Bio-Informatik) einzuarbeiten.

 

Welche Benefits und Weiterbildungsmöglichkeiten geben wir ihnen?

 

Weskamp: Boehringer Ingelheim ist ein attraktiver Arbeitgeber, gerade auch für Berufseinsteiger. Dazu gehören selbstverständlich auch vielfältige Schulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Spezifisch für den Bereich Digitalisierung und KI gilt: In diesem dynamischen Umfeld ist uns wichtig, „am Ball zu bleiben“ und stets auf dem neuesten Stand der Entwicklung zu sein.

Lehle: Hierzu gehören regelmäßige Besuche von wissenschaftlichen Konferenzen, aber auch die enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Universitäten und Forschungseinrichtungen. Neben der Betreuung von Doktoranden oder PostDocs im Rahmen gemeinsamer Projekte können sich dabei auch Möglichkeiten für Forschungsaufenthalte im In- und Ausland ergeben.

 

Abschließend vielleicht die allgemeine Frage: Warum bei Boehringer Ingelheim arbeiten und das Thema Digitalisierung voranbringen?

 

Weskamp: Da sind zunächst die spannenden fachlichen Herausforderungen zu nennen und die Möglichkeit, in einem internationalen und dynamischen Umfeld mit erfahrenen Fachleuten aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammenzuarbeiten. Und darüber hinaus bieten wir eben vor allem auch die Möglichkeit, mit den eigenen Fähigkeiten einen Beitrag zur Entwicklung neuer Medikamente zu leisten und Patienten überall auf der Welt helfen zu können.

Lehle: Die Themen Biotechnologie und Digitalisierung sind zwei der dynamischsten und innovativsten, die es momentan in der Industrie gibt. Die Kombination aus beiden bietet daher unbeschränkte Möglichkeiten der Entwicklung.

"Von Bedeutung ist die Freude an der kreativen Lösung von Problemen, wir betreten ja an vielen Stellen Neuland, sagt Dr. Jan Kriegl. "
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